„Eines der wichtigsten Zentren der Automobilindustrie“

Interview mit Harald Lackner, Geschäftsführer HPW Metallwerk GmbH

Harald Lackner, CSO HPW Metallwerk GmbH
Harald Lackner, CSO HPW Metallwerk GmbH © HPW
So wird das neue HPW-Werk in Garsten aussehen
So wird das neue HPW-Werk in Garsten aussehen © HPW

15.05.2024

Während andere Unternehmen ins (Nicht-EU-)Ausland abwandern, bleibt das HPW Metallwerk in Oberösterreich und baut sogar ein neues Werk in Garsten. Die Linzer haben spezielle Kupferflachdrähte entwickelt, die in Elektrofahrzeugen verbaut sind. Geschäftsführer Harald Lackner berichtet im Gespräch über das enorme Wachstum seines Unternehmens.

Sie bauen gerade an einem neuen Werk in Garsten und haben mit Ende März das Geschäftsjahr abgeschlossen. Wie geht es Ihrem Unternehmen aktuell?

Das abgelaufene Geschäftsjahr haben wir mit einem Umsatz von rund 160 Mio. Euro zufriedenstellend abgeschlossen. Die Auftragslage in Europa ist nach wie vor stabil auf hohem Niveau, daher auch die Werksgründung in Garsten. Neuaufträge in Nordamerika ermöglichen die Expansion nach Übersee und somit den ersten HPW-Produktionsstandort im Ausland.


Warum bauen Sie das neue Werk in Garsten?

Wir haben große Aufträge von führenden europäischen Automobilherstellern erhalten und investieren in das neue Werk, um dieser gesteigerten Nachfrage gerecht zu werden und neue Kapazitäten zu schaffen. Die Wahl fiel aus mehreren Gründen auf Garsten, darunter vor allem die geografische Nähe zu unseren Schlüsselkunden. Der Standort in der Nähe von Linz und die damit verbundenen Synergien sowie die Möglichkeit, das bereits bestehende Gebäude umzubauen und somit Bodenversiegelung zu vermeiden, waren weitere wichtige Gründe für die Standortwahl.


Warum gerade Garsten? Viele produzierende Unternehmen wandern ins (Nicht-EU-)Ausland ab, warum bleibt HPW in Oberösterreich?

Der neue Produktionsstandort befindet sich in einem der wichtigsten Zentren der europäischen Automobilindustrie. Das verkürzt die Lieferketten, senkt Kosten und eröffnet unserem Unternehmen weitere Absatzmöglichkeiten. Durch kurze Transportwege wird auch eine weitere Reduktion des CO2-Fußabdrucks realisiert – somit kommt HPW einer zunehmenden Anforderung von führenden Automobilherstellern nach. Die Nähe zum Headquarter in Linz und die bereits oben angeführten daraus resultierenden Synergien waren ein weiterer Grund für die Standortwahl in Österreich.


Wie groß ist das neue Werk und wie viele neue Arbeitsplätze schaffen Sie?

Das neue Werk wird neben seinen bestehenden Werken in Linz und Leonding der dritte Standort von HPW sein und rund 60 neue Arbeitsplätze schaffen. Das Gelände umfasst knapp 20.000m².


Was wird in Garsten produziert und ab wann?

Der Produktionsstart erfolgt bereits Mitte 2024. HPW fertigt in Garsten isolierte Kupferflachdrähte der neuesten Generation. Diese Wickeldrähte kommen in automotiven Elektromotoren namhafter europäischer OEMs und Tier-1-Hersteller zum Einsatz. HPW hat sich zum Technologie- und Marktführer in diesem Segment entwickelt.


Was ist das Besondere an den von Ihnen entwickelten Kupferflachdrähten?

Durch langjährige Entwicklung ist es uns gelungen, Hochleistungsdrähte herzustellen, die zur Effizienzsteigerung, Gewichtseinsparung und Reichweitenerhöhung in E-Fahrzeugen beitragen. HPW liefert diese Hochleistungsdrähte aus Kupfer und mittlerweile auch Aluminium bereits seit 2019 in Serie und zur vollsten Kundenzufriedenheit. Damit hat sich HPW nachweislich als Qualitäts- und Volumenhersteller in der Branche etabliert.


Wo werden Ihre Kupferflachdrähte verbaut und wer sind Ihre Kunden?

Isolierte Kupferflachdrähte von HPW werden im Stator von Elektrofahrzeugen der neuesten Generation verbaut. Dort kommen sie als klassische Wellenwicklung oder in Form sogenannter Hairpins zum Einsatz. Weiters produziert HPW speziell isolierte Flachdrähte ‒ sogenannte Busbars ‒ aus Kupfer und Aluminium. Diese werden als Stromschiene zwischen Elektromotor und Batterie oder zur Verbindung der einzelnen Batterieelemente eingesetzt. Nach einem sehr erfolgreichen Markteintritt in Europa ist es HPW nunmehr gelungen, auch in Nordamerika Fuß zu fassen. Auch asiatische OEMs und Tier-1-Hersteller sind bereits in regem Austausch mit HPW, sodass die automotive Kundenstruktur mittlerweile global und flächendeckend gegeben ist.


Welche Auswirkungen hat der Boom der Elektromobilität auf HPW?

Deutliche Wachstumsraten, die sich auch in den Werksgründungen 2021 (Leonding), 2023 (Garsten) und 2024 (USA) zeigen. Mehr als eine Verdoppelung des Umsatzes nach der Übernahme durch den neuen Eigentümer KONSTANT Gruppe. Auch in den kommenden Jahren sind weitere, äußerst dynamische Wachstumsraten aufgrund der bestehenden Aufträge abgesichert.


Wo sehen Sie noch Potenzial bei der E-Mobilität? Hat die Elektrifizierung des Güterverkehrs mit Lkw aus Ihrer Sicht Zukunft?

HPW beliefert bereits heute namhafte Tier-1-Hersteller für dieses Segment der Commercial Vehicles. Hier sind aktuell vor allem Elektrobusse für den Nahverkehr sowie Lkw für die last mile delivery zu nennen. Darüber hinaus besteht intensiver Kontakt zu den großen OEMs im Bereich der Nutzfahrzeuge. HPW rechnet auch im Segment des Überlandverkehrs mit einer zunehmenden Umstellung auf batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs) und somit mit weiteren ‒ ursprünglich nicht geplanten ‒ Wachstumspotenzialen. Diese Umstellung bzw. die weitere Entwicklung der Elektromobilität insgesamt wird vor allem durch Innovationen in der Batterietechnik vorangetrieben. Festkörperbatterien werden mittelfristig herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus ablösen und somit für höhere Reichweiten, kürzere Ladezeiten und deutlich bessere Umweltbilanzen sorgen.


Und kommen Ihre Flachdrähte auch beim Wasserstoffantrieb zum Einsatz?

Man unterscheidet BEV (Battery Electric Vehicle) und FCEV (Fuel Cell Electric Vehicle). BEVs werden genauso wie Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) von einem Elektromotor angetrieben. Der Unterschied liegt in der Stromerzeugung, die einerseits über eine Batterie erfolgt und im Fall der FCEV über eine Brennstoffzelle. Somit kommen in beiden Technologien Elektromotoren und daher auch isolierte Kupferflachdrähte von HPW zum Einsatz.


Werden Ihre Kupferdrähte recycelt?

Der Aufbau einer internationalen Recyclingkette wir aktuell massiv vorangetrieben. Unsere Drähte werden zum Teil bereits heute von Fachunternehmen recycelt. Bei diesem Prozess stehen die Reduktion des CO2-Fußabdrucks sowie das Herstellen eines geschlossenen Lieferkreislaufs im Vordergrund. Aktuell reichen die Recyclingquoten noch nicht aus, um einen zu 100 % geschlossenen Kreislauf abzubilden. Große Kupferlieferanten arbeiten aber mit Nachdruck an diesem Thema, sodass hier mittelfristig mit Lösungen zu rechnen ist und letztendlich auch mit einer hundertprozentigen Recyclingquote der Kupferdrähte.
 

Zur Person

Harald Lackner ist als Chief Sales Officer (CSO) bei HPW für den Bereich Vertrieb & Marketing verantwortlich. Neben der Führung des internationalen Vertriebsteams betreut er die weltweiten Vertriebspartner und Schlüsselkunden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Auf- und Ausbau des Geschäftsfeldes E-Mobility. Lackner positionierte HPW erfolgreich als IATF-zertifizierten Produzenten von Hochleistungsdrähten bei internationalen OEMs sowie Tier-1-Lieferanten. Harald Lackner sammelte 25 Jahre Erfahrung in international renommierten Unternehmen wie Constantia Industries oder in der Plansee Gruppe. Dort bekleidete er diverse Managementpositionen in den USA, in Asien und an mehreren europäischen Standorten und erlangte so seine internationale Vertriebsexpertise.

HPW

Die HPW Metallwerk GmbH mit Stammsitz in Linz verarbeitet jährlich rund 20.000 Tonnen Kupfer und Nickel zu Flach- und Runddrähten für Zukunftstechnologien wie E-Mobilität und Windenergie. Das Unternehmen agiert weltweit und nimmt insbesondere im DACH-Raum eine marktführende Position ein. HPW blickt auf eine über 80-jährige Unternehmensgeschichte zurück und beschäftigt rund 260 Mitarbeiter. Die hohe Nachfrage nach HPW-Hochleistungsdrähten für die E-Mobilität hat dazu geführt, dass das Unternehmen neben den Werken in Linz, Leonding und Garsten aktuell in einen weiteren Produktionsstandort in den USA investiert.

www.hpwires.com