Export in den Iran: Was erwartet Unternehmen?

Profilbild von Horst Roeder
Horst Roeder, Area Sales Manager und Iran-Experte der EREMA
Außenaufnahme von EREMA
Headquarter EREMA Group

03.04.2018

Der Iran nimmt im Nahen Osten eine politisch einflussreiche Rolle ein und wird als die letzte große Volkswirtschaft, die es noch zu erschließen gilt, gesehen. Die oberösterreichische EREMA steht seit 19 Jahren in erfolgreichen Geschäftsbeziehungen mit iranischen Unternehmen. Business Upper Austria hat Horst Roeder (Area Sales Manager von EREMA) Fragen zu Markteintritt, Herausforderungen und kulturellen Unterschieden gestellt.

  • Wo sehen Sie die Chancen für oberösterreichische Unternehmen bei Exportgeschäften mit dem Iran?
    Zunächst kann ich zu dieser Frage nur aus dem eigenen Bereich meine Erfahrungen wiedergeben. Der Kunststoffbedarf im Iran ist vielfältig und riesig, das Kunststoffrecycling steckt jedoch noch „in den Kinderschuhen“. Daher suchen und finden wir immer wieder neue Anknüpfungspunkte in der iranischen Kunststoffindustrie, die sich nachhaltig für industrielles Recycling interessiert. Als Teilnehmer des Sapco Lieferanteninnovationstages, der vom oberösterreichischen Automobil-Cluster initiiert wurde, hat man sehr deutlich mitbekommen, dass österreichisches Fachwissen nicht nur im Kunststoffbereich, sondern auch branchenübergreifend auf breiter Ebene sehr gefragt ist.

    Das Land hat enormes Potential, nur sein welt-politisches Image sowie ungewohnte Formalismen und Angst vor Verletzung und Folgen internationaler Exportauflagen in der Abwicklung eines Geschäftes, schreckt leider noch viele heimische Firmen ab, sich überhaupt um iranische Geschäftspartner zu bemühen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und ein wenig Pioniergeist gehört auch dazu. Ich bin zwar Deutscher, habe aber sehr bald in der österreichischen Natur gelernt, dass man auf dem Weg zu den schönsten Plätzen, immer wieder mit Steinen rechnen muss. So ähnlich verhält es sich auch mit den Geschäftsanbahnungen im Iran – aber eigentlich überall auf der Welt.
     
  • Was sollten Unternehmen beim Markteintritt beachten, um im Iran erfolgreich zu sein? Was geben Sie ihnen als Tipps mit auf den Weg?
    Im Grunde sollten sie das gleiche beachten, wie beim Markteintritt in jedes andere Land. Nur aktuelle Wirtschaftskennzahlen sind, wie immer, zu wenig. Wer von der ersten Reise in den Iran erfolgreich zurückkehren möchte und „Angst vor kaltem Wasser“ hat, sollte sich mentale Sicherheit durch gute Vorbereitung verschaffen. Die österreichische Außenhandelsstelle macht einen tollen Job und ist auch im Vorfeld und auch z.B. bei juristischen und geschäftskulturellen Fragen eine große Hilfe. Darüber hinaus bieten beispielsweise WKO, Business Upper Austria, der Kunststoff-Cluster und der Automobil-Cluster immer wieder aktuelle und praxisnahe Veranstaltungsserien z.B. `Roadmap to Iran` an, in denen nicht nur gezielt auf Veränderungen der Rahmenbedingungen eingegangen wird, sondern auch konkrete Firmenbesuche im Iran organisiert werden. Bei solchen Veranstaltungen findet zwischen den teilnehmenden Firmen direkt oder indirekt - auch branchenübergreifender - Erfahrungsaustausch statt.
     
  • Was waren die größten Herausforderungen und Schwierigkeiten bei den bisherigen Geschäftsabschlüssen?
    Die Auflagen der 4-jährigen-Embargozeit mit der sich ständig revidierenden Liste an Banken und Firmen, mit denen eine Zusammenarbeit untersagt oder eingeschränkt war, war sicher eine der größten Herausforderungen für uns, unsere Vertretung und speziell für unsere Kunden im Iran. Ob es sich um den Verkauf einer Neumaschine oder von Ersatzteilen handelte - das hat eher an einen `Gebirgspfad ohne Spur` erinnert, als an einen ersichtlich gangbaren Weg. In dieser Zeit ist so mancher gute Wille von uns als Lieferant, aber auch kundenseitige Euphorie, kurz vor der verbindlichen Realisierung/Bestellung aus Vorgabe/Embargogründen „auf dem Weg geblieben“. Diese Zeit war für alle Beteiligten sehr schwierig, aber es hat sich im Nachhinein ausgezahlt, dass wir auch zu dieser Zeit immer wieder „Flagge gezeigt“ haben, an den wichtigsten Fachmessen vor Ort waren und auch unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen Kundenbesuche durchgeführt haben.        
     
  • Welche kulturellen Unterschiede sind Ihnen aufgefallen, auf die man bei Geschäftsbeziehungen mit iranischen Unternehmern achten muss, um einen faux-pas zu vermeiden?
    Lassen Sie mich es ein wenig negativ überzeichnen: Wer hier in seinem handgemachten Anzug mit einer Luxusuhr am Handgelenk weltgewandt aber herablassend zum technischen Nachholbedarf - in vom Verkaufsseminar auswendig gelernter Ja-Folge argumentierend - den technischen Missionar spielt, der die Unwissenden technisch bekehrt und gleichzeitig auf Vertragsunterschrift drängt, tritt sicher im Iran nicht zielführend auf. Und zwar nicht, weil bestimmte westliche Verhaltensweisen nicht bekannt sind, auch nicht weil das Produkt nicht stimmt, sondern weil ein solcher überheblicher Gesamtauftritt von sehr wenig Einfühlungsvermögen im Gastland zeugt.

    Im Iran geht es um andere Werte - mehr Feingefühl, persönliche Glaubwürdigkeit und gegenseitiges Vertrauen als in vielen westlichen Ländern wird verlangt. Anders ausgedrückt - Papier, auch wenn unterschrieben, ist halt nur ein Papier, wenn das was darin steht, nicht von beiden Seiten eingehalten werden will. Der Wert der möglichen Partnerschaft steht im Iran meistens über dem schriftlichen Vertrag - ein Gesichtsverlust wiegt deutlich mehr als eine Vertragsverletzung. Trotz aller politischen Spannungen, darf man nicht vergessen, dass der Iran mit seiner jahrtausendalten Tradition in der islamischen Welt eine kulturelle Sonderstellung hat. Die traditionelle Gastfreundschaft zum Beispiel, die ich in dieser Form noch nirgendwo auf der Welt angetroffen habe, ist Teil des iranischen Kulturgutes. Die fachliche Diskussionen aber genauso das `sich Kennenlernen` und der respektvolle Umgang miteinander während z.B. eines gemeinsamen Essens, sind fast gleichrangige Teile einer späteren, nachhaltigen Kaufentscheidung.   

Das könnte Sie auch interessieren:

Award für gemeinsames
Dissertationsprojekt

SIWA setzt auf Recruiting
aus Albanien

In 16 Wochen (fast) rund
um die Welt studieren