23.12.2019
Wenn Nutzfahrzeuge uns die Arbeit erleichtern oder abnehmen sollen, dann müssen sie auch sehen und denken können wie wir. Schneller, als wir es uns vorstellen, entwickeln sich Baugeräte, Transporter und Kommunenfahrzeuge zum „besten Freund des Menschen“.
Dass gerade Nutzfahrzeuge die Nase vorne haben, wenn es um die Weiterentwicklung des Fahrens und der Mobilität geht, mag daran liegen, dass sie beruflich genützt werden und deshalb in viel engerem „Kontakt“ mit dem Menschen stehen, als ein privates Fahrzeug. Sie müssen verlässliche Partner, unterstützende Kumpels und schützende Helfer sein. Mit Technologien wie Lidar, Radar, KI und hochauflösenden Karten wird in der Nutzfahrzeugbranche schon seit Jahren, in manchen Bereichen seit Jahrzehnten geforscht. Mit Erfolg und mit Nutzen für die gesamte Mobilitätsbranche.
Es mag ein bisschen Hollywood-Charakter besitzen, was man bei den Autoshows im Bereich der Nutzfahrzeuge zu sehen bekommt. Dennoch: Autonom fahrende LKW sind bereits Realität und Konzepte, wie Volvos Vera oder der Flatformer von Hino Motors (einer Tochterfirma von Toyota), lassen die Ideenrädchen der Entwickler und Designer mit Sicherheit auf Hochtouren laufen.
Die Entwicklung des vernetzten, Elektrotrucks Vera ist Ergebnis einer Zusammenarbeit von Volvo Trucks mit dem schwedischen Fähr- und Logistikunternehmen DFDS. Ein Umschlaghafen bietet viele Einsatzmöglichkeiten für autonom gesteuerte Transporter. Im Hafen von Göteborg testet Volvo seit dem Sommer sein Konzeptfahrzeug „Vera“. Vera soll Container zwischen den Hafenterminals und dem Logistikzentrum transportieren. Vernetzte Logistikabläufe und wiederholte Aufgaben, die präzise ausgeführt werden müssen, stehen im Mittelpunkt der Tests. Dabei werden die vernetzten Transporter und das dahinter laufende System von einem Kontrollturm aus überwacht.
Der Flatformer, vorgestellt bei der Tokyo Motorshow im Oktober, basiert optisch auf den Formen eines Skateboards. Die variable Antriebsplattform ist universell einsetzbar und agiert komplett autark. Sie kann mit unterschiedlichsten Aufbauten zum Transporter für Personen oder Güter mutieren. Das Fehlen der Fahrerkabine bietet mehr Platz für Ladung. Damit die Pannensicherheit erhöht wird, setzt man bei dem Skateboard auf Spezialreifen ohne Luftdruck. Elektrisch angetrieben ist der Flatformer auch noch besonders effizient im Betrieb. Die Batteriezellen sind gleichmäßig im Rumpf verteilt und bieten eine Kapazität von 50 kWh. Die E-Motoren treiben alle Achsen an und leisten zusammen 170 kW. Möglich macht das flache Design die „Corner Module“-Technologie des israelischen Start-ups REE, das besonders platzsparende Architekturlösungen für Motoren, Lenkung, Antriebsstrang, Bremsen, Thermosysteme und das Powermanagement entwickelt. Erstaunlich ist auch die Herstellung des Flatformers; er soll vorwiegend aus dem 3D-Drucker wachsen.
Traton – unter diesem Namen finden wir die schweren Nutzfahrzeuge der ehemaligen Volkswagen Trucks & Bus mit den Konzernmarken MAN, Scania und VWCO – setzt bei seinen Konzepten neben dem autonomen Fahren auch auf einen effizienten und umweltfreundlichen Antrieb. Eine Milliardensumme wird für die Entwicklung alternativer Nutzfahrzeugantriebe investiert. 30 Prozent der LKW und Busse sollen in 15 Jahren voll elektrisch unterwegs sein – so das Ziel. Spannend ist aber auch der Einsatz von Ressourcen im Bereich Autonomes Fahren. Hier sticht vor allem der Scania AXL (Konzeptfahrzeug, siehe Titelblatt) hervor. Das Gerät kommt ohne Führerhaus aus und soll autonom und mithilfe von Künstlicher Intelligenz Schwerarbeit auf abgeschlossenen Firmengeländen wie Bergwerken oder Großbaustellen leisten. Der Verbrennungsmotor wird nachhaltig mit erneuerbarem Biotreibstoff betrieben. Vorgestellt wurde der Scania AXL im Oktober beim Innovationstag der Traton Group im Scania-Demozentrum in Schweden.
Ausgestattet und betrieben von der GoogleTochter Waymo ist der Peterbilt-Fronthauber ein echter Amerikaner unter den autonomen Trucks. Er strotzt nicht nur außen vor Kraft, sondern auch innen vor hochmoderner Technik. Hochauflösende Kameras mit hoher Bildrate, Lidar-Technik und Radarsysteme bilden das Vision Module auf dem Dach der Fahrerkabine und an den Außenspiegeln und sorgen für beste Sicht bei Tag und Nacht. Durch Künstliche Intelligenz lernen die Brummis sehr schnell dazu und werden immer besser im Erkennen von Objekten und Einschätzen von Situationen. Zu sehen sind die autonomen Semi-Trucks bereits seit 2017 auf den Straßen von Kalifornien, Georgia und Arizona.
Vorwiegend auf Kameras setzt das Start-up TuSimple, das sich der Automatisierung von LKW widmet. Es verleiht den Transport-Riesen von UPS und den US Postal Services ihre Sehkraft. Mit TuSimple-Technologie ausgestattete Trucks fahren seit einigen Monaten zu Testzwecken unerkannt von anderen Verkehrsteilnehmern auf einer 1600 km langen Teststrecke zwischen Dallas und Phoenix. Und wo liegen die Vorteile von autonomen Trucks? In erster Linie erhofft UPS sich Einsparungen von 30 Prozent. Zudem bleibt dem Fahrer mehr Zeit, im LKW seine administrativen Arbeiten zu erledigen. Aus Sicht der Gemeinschaft der Verkehrsteilnehmer sollten autonome Trucks sicherer unterwegs sein. Einerseits, weil sie „besser sehen“ und rascher reagieren können, andererseits, weil sie nicht übermüdet fahren.
Die Bergwelt in Bayern scheint die Inspiration für den A-Car-Transporter von Evum Motors zu sein. Zwar kann das A-Car, das aus einem Forschungsprojekt der TU-München hervorgegangen ist, nicht mit Künstlicher Intelligenz und auch nicht mit autonomer Steuerung aufwarten, dennoch ist der allradgetriebene Kleinlaster sehr effizient. Er fährt nämlich elektrisch und kommt in besonderen Fällen mit der Energie der Sonne aus. Gedacht war das Fahrzeug für Entwicklungsländer mit schlechter Infrastruktur. Der Fahrzeugrahmen ist so konstruiert, dass er als Multibase für verschiedene Aufbauten dient und so das Fahrzeug zum Allrounder für Berg-, Park-, Straßenarbeit aber auch für Arbeiten in geschlossenen Räumen macht. Das senkt die Anschaffungskosten für Bauhofgeräte enorm.
Ein ähnliches Fahrzeug geht derzeit im österreichischen Forschungsprojekt AUTILITY „in die Schule“. Es soll sich selbständig ohne Fahrer bewegen (autonom und auch ferngesteuert) und Arbeiten im Kommunalbereich, aber auch auf Firmengeländen und im Wald bei der Forstarbeit oder in gefährlichem Gelände erledigen können. Mit Ende des Forschungsprojektes soll das AUTILITY-Fahrzeug als unterstützende Hilfskraft die Sicherheit der mit ihm arbeitenden Menschen gewährleisten.
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