05.04.2023
Wie funktioniert eine Taxidrohne? Was sind Charging Robots? Und was passiert, wenn die Kameras autonomer Fahrzeuge Verkehrszeichen nicht richtig lesen können? Diesen und vielen weiteren Fragen gingen 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Europa vier Tage lang bei der Mobility Mission Linz im Rahmen des EU-Projekts RECIPROCITY nach. Eingeladen und das Programm zusammengestellt hatte der Automobil-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria.
50 Vertreter:innen europäischer Kommunen, Politiker:innen, Unternehmen und Projektpartner waren der Einladung des Automobil-Clusters gefolgt und tourten vom 28. bis 31. März quer durch Oberösterreich, um sich über innovative Mobilitätskonzepte zu informieren. Sie kamen aus Albanien, Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Norwegen, Österreich, Rumänien, Tschechien, der Türkei, der Ukraine und aus Ungarn.
Schon der erste Programmpunkt am ersten Tag begann spannend und praxisnah. Anhand einer Spielzeug-Autorennbahn demonstrierte die RISC Software GmbH ihr Forschungsprojekt „Crash me if you can“. Es geht darum, wie Kameras in Fahrzeugen Verkehrszeichen erkennen und wie das Erkennen vom Wetter, von Verschmutzungen, von Stickern auf den Schildern oder Hackern beeinflusst wird. Anhand der Autorennbahn zeigte Stefan Thumfart, wie der Algorithmus das 70-kmh-Tempolimit als 100-kmh-Tempolimit interpretierte, das Auto zu schnell unterwegs war und deshalb einen Unfall verursachte.
Michael Nikowitz vom Bundesministerium für Klimaschutz präsentierte den Mobilitätsmasterplan 2030, die damit verbundenen Projekte und geplanten Gesetzesänderungen. Priorität haben u. a. der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, klimaneutrale Last-Mile-Lösungen und multimodales Verkehrsmanagement. „Automatisierung und Digitalisierung sind der Schlüssel, um die SDGs zu erreichen und werden Teil von Smart Citys sein“, sagte Nikowitz.
Wer sein Elektroauto länger auf einem Parkplatz abstellt – beispielsweise am Arbeitsplatz oder am Flughafen – könnte künftig die Charging Robots der ALVERI GmbH aus Ried im Innkreis nutzen. „Parkende E-Fahrzeuge werden vom ALVERI CHARbO einfach autonom aufgeladen. Ohne manuelle Unterstützung erkennt der CHARbO die Fahrzeuge und startet den Ladevorgang“, erklärte Ehsan Zadmard. Ein Roboter schafft 20 Fahrzeuge, der Login funktioniert über eine App.
Was sich in Wien Beeindruckendes in Sachen Smart City und Mobilität tut, erzählte u. a. Günter Klaus vom ÖAMTC: „Unsere Pannenhelfer sind mit E-Bikes, den sogenannten Breakdown Bikes, unterwegs. Sie haben alles mit, was sie brauchen. In 90 Prozent der Fälle können sie die Pannen beheben.“ Christoph Singelmann von Urban Innovation Vienna präsentierte die Smart City Mobility Strategy der Stadt Wien. Sharing-Konzepte, U-Bahn-Ausbau und die Kombination von Sharing – auch für Transporter – mit Öffentlichem Verkehr und Citybikes mittels einer App waren die Themen.
Die Regionalmanagement Oberösterreich GmbH stellte On-Demand-Services in Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln in zahlreichen Gemeinden vor. Benedikt Prinzing von Doppelmayr Seilbahnen beeindruckte mit den City Cable Cars, die beispielsweise in La Paz, Bogotá oder Mexico-City seit langem in Betrieb sind und in Paris gerade gebaut werden. Der Tag klang mit einem Netzwerkabend und der Mural-Harbour-Bootstour im Linzer Donauhafen aus.
Hans Martin Neumann und Vizebürgermeister Martin Hajart gaben Einblicke in die Pläne der Stadt Linz über den Ausbau des Radwegenetzes und intelligente Ampeln. Die smarten Ampeln sollen im Rahmen des Forschungsprojekts „X4ITS“ implementiert und erprobt werden. „Damit wollen wir unter anderem die Harmonisierung von kooperativen intelligenten Verkehrssystemen und Diensten in der Stadt Linz untersuchen“, sagte Neumann. Konkret geht es dabei um die Kommunikation zwischen Autos beziehungsweise mit Ampeln. „Mit den daraus gewonnenen Informationen können wir Sicherheit und Lenkung des Verkehrs verbessern sowie Emissionen reduzieren“, ergänzte Hajart.
Das Highlight des zweiten Tages war die Betriebsbesichtigung im Headquarter des Aerospace Unternehmens FACC AG in Ried im Innkreis. Andreas Perotti von FACC und Uwe Breitschopf von der LINZ AG informierten über den Status quo des Projekts mit den Taxidrohnen in Linz. In China sind diese bereits unterwegs, in Linz soll es – abhängig von den behördlichen Genehmigungen – zumindest mit unbemannten Testflügen hoffentlich bald so weit sein. „Die autonomen Drohnen sollen auf vorgegebenen Flugrouten – beispielsweise zwischen dem Linzer Hauptbahnhof und dem Flughafen in Hörsching – on demand verkehren“, schilderten Perotti und Breitschopf. Weitere geplante Roten sind zwischen der Zentrale der LINZ AG in der Wiener Straße und dem Hafen, vom Hafen nach Urfahr oder zwischen Hafen und der solarCity.
Am Nachmittag besuchte die RECIPROCITY-Delegation die Session „Effiziente und vernetzte Mobilität“ beim Zukunftsforum Oberösterreich. Spannende Vorträge zu den Themen Wasserstofftechnologien und deren Einsatzmöglichkeiten, neue Batterietechnologien, E-Fuels, Brennstoffzelle und Elektromobilität standen auf dem Programm. Wasserstoff war auch am zweiten Abend das beherrschende Thema. Das EU-Projekt „Hy2Market“ will eine Wasserstoff-Wertschöpfungskette in ganz Europa etablieren. Wasserstoffbusse und wasserstoffbetriebene Lkw sind im Rahmen des Projekts „H2Alpin bereits im alpinen Bereich in Tirol unterwegs.
Markus Tauchhammer präsentierte das Projekt SURAAA (Smart Urban Region Austria Alps Adriatic), ein in Pörtschach verkehrendes autonomes Shuttle, das gut angenommen wird. Autonome Shuttles von SURAAA sind bereits in mehreren Städten und Gemeinden unterwegs, weitere folgen. Die On-Demand-Softwarelösung für den öffentlichen Verkehr von Pandam Mobility aus Frankreich wird bereits in 15 Ländern weltweit genutzt. „Sie ist auch für autonome Shuttles geeignet“, betonte Javier Guimera. Karma Islam vom EU-Innovationsnetzwerk EIT Urban Mobility und Zuzana Lettner von Business Upper Austria informierten über Förder-, Finanzierungs- und Unterstützungsangebote auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene.
Wofür die Teststrecke der DigiTrans GmbH für automatisiertes Fahren in St. Valentin gut ist, testeten die Gäste am dritten Tag. Mit dem Reisebus ging es über einzelne Abschnitte der Teststrecke und durch die Beregnungsanlage. „Wir konnten den Unterschied zwischen Leicht- und Starkregen hautnah und live erleben“, schildert Doris Straub, Projektmanagerin im Automobil-Cluster. Geschäftsführer Alexander Barth erklärte den Gästen die Forschungstätigkeit und Aufgaben der DigiTrans GmbH, den Sinn der Testrecke und präsentierte das neu eingetroffene automatisierte Forschungsfahrzeug, den Digitrans eVAN.
Am Nachmittag stand die Werksbesichtigung von Magna Steyr auf dem Programm. Dort fand auch der Capacity Building Workshop statt. Die Teilnehmer:innen entschieden sich für die Themen autonomes Shuttle, On-demand-Shuttle, smart traffic lights, Mobility App sowie Car-, Bike- und Scooter-Sharing. Dazu arbeiteten sie an fragen wie: Habe ich bereits eine Lösung? Welche Barrieren erschweren die Umsetzung? Welche Gesetze müssten geändert werden? Wie kann ich die Lösung finanzieren?
An der Fachhochschule Oberösterreich Campus Steyr informierte das MobiLab-Team rund um Wolfgang Schildorfer über seine Forschungen an nachhaltigen Mobilitätslösungen. Beispiele sind die Domino App für Fahrgemeinschaften, Last-Mile-Logistiklösungen oder Wasserstoff im Gütertransport. Daniela Zeiner, Geschäftsführerin der Zukunftsregion Steyr, schilderte, wie sich die Stadt Steyr intensiv mit Mobilitätsthemen beschäftigt. „Wir binden alle Stakeholder, vom Bürgermeister über die Unternehmen und deren Belegschaft bis zur Bevölkerung ein“, sagte sie. „Dabei sammeln wir jede Menge Ideen, die teilweise schon umgesetzt sind.“ Dazu zählen beispielsweise Kindertaxis als Fahrgemeinschaften, wo Eltern mehrere Kinder und nicht nur das eigene mit dem Auto zur Schule bringen.
Kreativ endete die Mobility Mission Linz am vierten Tag mit dem Design Thinking Workshop LEGO® SERIOUS PLAY®, geleitet von Business Upper Austria. Im Alten Rathaus der Stadt Linz erarbeiteten die Teilnehmer:innen Business Models für eine Mobility-as-a-Service-Lösung (MaaS) für ein autonomes Shuttle.