13.10.2015
Nach dem Durchbruch der Atomverhandlungen und der möglichen bevorstehenden Aufhebung der Embargos könnte sich der Iran für österreichische Technologielieferanten speziell aus dem automotiven Bereich zu einem der wichtigsten Märkte der Region im Nahen und Mittleren Osten entwickeln.
Im Rahmen der Informationsveranstaltung über den iranischen Markt fanden sich Topmanager aus Oberösterreich sowie Teilnehmer der Delegationsreise von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer zu einem Vormittag mit dem Wirtschaftsdelegierten aus Teheran, Dr. Georg Weingartner ein. Unter anderem informierten auch Mag. Sigrid Burkowski, Raiffeisen Landesbank OÖ (Zahlungstransaktionen) und Univ. Prof. DI Dr. Techn. Massud Mossaheb (OIG Generalsekretär) über die neuen Marktchancen im Iran. Unternehmen, die bereits Geschäftsbeziehungen im Iran pflegen, berichteten über ihre Erfahrungen. Durch den Vormittag führte Frederic Farhad Hadjari, Projektmanager des Automobil-Clusters Oberösterreich mit österreichisch iranischen Wurzeln.
Die Automobilindustrie im Iran ist ein enorm wichtiger Wirtschaftszweig, dennoch überschaubar. Durch jahrelange Sanktionen ist der Stand der Technik allerdings veraltet. Die beiden größten iranischen Akteure Kohdro Group und Saipa Group produzieren u.a. französische und italienische Fahrzeuge in Lizenz. Über gute Verbindungen zu Renault erhofft der Automobil-Cluster einen erleichterten Zutritt seiner Partnerunternehmen zu den iranischen Herstellern. Wolfgang Komatz, Manager des oberösterreichischen Automobil-Clusters sieht großes Potenzial für Oberösterreich: „Die iranischen Autoproduzenten Kohdro Group und Saipa Group wurden im Rahmen der Wirtschaftsdelegationsreise von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer bereits von uns besucht. Nachfolgegespräche über Besuche von österreichischen Zulieferfirmen im Iran sind bereits in Planung. Lieferanteninnovationstage, die der Automobil-Cluster direkt bei den Herstellern durchführt, werden auch im Iran angedacht. Mit dem Programm „Roadmap2x“ begleiten wir außerdem interessierte Firmen bei einem gemeinsamen Markteintritt.“
„Wer im Iran neu Fuß fassen möchte, der sollte vorerst über lokale Partner agieren“, rät der Wirtschaftsdelegierte im Iran, Dr. Georg Weingartner den Unternehmern. „Ein iranischer Partner, der Vorort permanent den Kontakt hält, ist vor allem dann wichtig, wenn man im Iran eine eigene Produktion plant. Der Aufbau von Vertrauen und freundschaftlicher Umgang miteinander ist im Iran sehr wichtig und lässt sich aus der Ferne nicht pflegen.“ Mit besten Kontakten vor allem auch zur Automobil-Industrie kann das Büro der WKO im Iran dienen.
Joint Ventures mit ansässigen Unternehmen sind der geeignete Einstieg für die spätere Errichtung einer eigenen Niederlassung. Für das Wirtschaftsjahr 2016-2017 rechnen die Verantwortlichen mit einem Wirtschaftswachstum von 4 bis 7 Prozent. Dieses wird in erster Linie von iranischen Unternehmern angefacht, die aufgrund der Aufbruchsstimmung im Iran wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Für ausländische Investoren zählt derzeit die hoffnungsvolle Stimmung, auf das tatsächliche große Wachstum wird noch gewartet.
Eine Bevölkerung von 78 Mio. Menschen, eine kaufkräftige städtische Mittelschicht mit Präferenz für westliche Konsumgüter und ein massiver Nachholbedarf in allen Industriebereichen sowie der Infrastruktur bieten enorme Geschäftsmöglichkeiten für oberösterreichische Firmen. Im Iran will man weg von chinesischen Produkten minderer Qualität hin zu europäischen Qualitätswaren und Technologien. Neben Deutschland, dem Non-Plus-Ultra der Autohersteller aus iranischer Sicht, hat Österreich als Automobil-Zulieferland einen ausgezeichneten Ruf. Die gute Qualität von Produkten und Technologien wird hier sehr hoch geschätzt. Laut Georg Weingartner besteht Investitionsbedarf auch in den Branchen Maschinenbau, Petrochemie, Energieeffizienz und Umweltschutz im industriellen Bereich.
Ein Unternehmen, das ebenfalls schon länger im Iran tätig ist, ist der Landmaschinenhersteller Pöttinger. Weniger als 10 Prozent der Landesfläche können im Iran landwirtschaftlich genützt werden. Das Ziel der Regierung ist aus diesem Grund die Optimierung der Produktion durch den Einsatz von technolgisch hochwertigen Landmaschinen. Roland Hauzinger, Vertriebsleiter der Firma Pöttinger im Iran rechnet mit guten Chancen: „Im Marktaufbau sind wir Pioniere und wir beliefern vor allem größere landwirtschaftliche Betriebe, denn diese verfügen über eine angemessene Kaufkraft.“
Reine Liefergeschäfte werden vom Iran ausdrücklich nicht gewünscht, die Wertschöpfung soll im Land stattfinden. „Wer an die Errichtung einer Produktion im Iran denkt, der sollte sich in Geduld üben. Es empfiehlt sich aber, schon jetzt Kontakte zu knüpfen und zu pflegen um dann in der ersten Reihe zu stehen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Markteintritt begünstigen“, rät Horst Roeder, dessen Unternehmen EREMA GmbH schon seit 19 Jahren im Iran aktiv ist. Auch er betonte beim Upper Austria – Iran Day den Stellenwert der guten Beziehungen, die meist zu echten Freundschaften zwischen den Geschäftspartnern werden.
Bildung genießt in der iranischen Kultur einen sehr hohen Status. Aus diesem Grund findet man im Land eine Vielzahl gut ausgebildeter Fachkräfte besonders in den industriellen Zweigen. 60 Prozent der Akademiker-Abschlüsse werden von Frauen absolviert. Die wichtigsten Fremdsprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch. Auch die Kulturszene ist im Iran sehr aktiv und weltweit bekannt.
Im Mittelpunkt der persischen Kultur steht die Gastfreundschaft. Auch bei geschäftlichen Beziehungen. Vertrauen und freundschaftlicher Umgang sind wichtige Grundlagen jeder Verhandlung. „Gastgeschenke gelten nicht als Bestechung sondern sind elementarer Bestandteil der Kultur und sollten – als Geste des Respekts - bei keiner Geschäftsanbahnung fehlen“, betont Univ. Prof. DI Dr. Techn. Massud Mossaheb (OIG Generalsekretär) in der Podiumsdiskussion.
Rückfragen-Kontakt: Wolfgang Komatz, MSc, Business Upper Austria – OÖ Wirtschaftsagentur GmbH wolfgang.komatz@biz-up.at, Telefon: +43 732 79810-5081
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