15.03.2021
Drei Jahre lang hat sich ein Logistik-Forscher*innen-Team rund um Mag. Dr. Wolfgang Schildorfer vom FH OÖ Campus Steyr mit der Effizienz von automatisiertem Güterverkehr beschäftigt. Weiterführende Fragen, die sich innerhalb des Projektes auftaten, werden aktuell untersucht.
Wenn bemannte Lkw über eine elektronische Achskopplung das Brems- und Beschleunigungsverhalten aufeinander abstimmen können, nennt man das in der Logistik einen Level 1-Platoon. Welche Vorteile diese Art des Schwerverkehrs auf Umwelt und Verkehrssicherheit, Autobahnbetreiber und heimische Logistik-Dienstleister hat, wurde im Rahmen des Förderungsprogramms „Mobilität der Zukunft“ im Projekt Connecting Austria seit 2018 untersucht.
„Das Thema Platooning war anfangs umstritten, weil man gefragt hat, warum man einen Lkw-Zug auf die Straße und den Transport nicht auf die Schiene bringen soll. Deshalb war es dem Ministerium von Anfang an besonders wichtig, die Nachhaltigkeit und das Einsparungspotential von Platooning herauszuarbeiten“, sagt Projektleiter Mag. Dr. Wolfgang Schildorfer.
Ein Ergebnis: In einem Platoon aus drei Lkw errechnete das Projektteam eine durchschnittliche theoretische Treibstoffeinsparung von rund 7,5 Prozent bei einem Abstand von 15 Metern zwischen den Lkw und einer Geschwindigkeit von 80 km/h. Wenn Lkw-Platooning auf Basis eines dynamischen Verkehrsmanagements mit C-ITS organisiert wird, ist das mögliche Einsparungspotential (Treibstoff und damit direkt verbunden CO2-Ausstoß) pro gefahrener Strecke und somit auch auf dem gesamten Autobahnnetz durch Lkw-Platooning höher als bei einem statischen Verkehrsmanagement. Das individuelle Potential pro Lkw-Platoon und Fahrt lässt sich auf den gesamten Lkw-Güterverkehr in Österreich hochrechnen.
„Die Zukunft Europas beginnt unter anderem bei der erfolgreichen und intelligenten Bewältigung von Engpässen im Autobahnnetz von Transitländern wie Österreich“, sagt Schildorfer.
Deshalb arbeitet man seit Oktober 2020 an neuen Fragestellungen in verschiedenen FFG-Projekten, die sich aus „Connecting Austria“ ergeben haben. „COPE – Collective Perception“ macht einen wichtigen nächsten Schritt im Umfeld des automatisierten und vernetzten Fahrens im urbanen Umfeld. Die Kernfrage: „Wie können Kreuzungssituationen durch Kooperation und Kommunikation aller Verkehrsteilnehmer*innen 'sicherer' gemacht werden? Und was bedeutet das für Logistik-Dienstleister?“ Der Digitale Zwilling des Verkehrssystem Straße „DIGEST“ entwickelt ein realistisches, hochgenaues digitales Abbild der Straße inklusive infrastruktureller und digitaler Unterstützung von automatisiertem Fahren. DIGEST will dabei helfen, ein integriertes Informationsmanagement und mehrere Herausforderungen beim Verkehrsmanagement für verschiedene Ausbaustufen von vernetztem und automatisiertem Fahren zu meistern. Bei beiden Projekten fungiert das Logistikum Steyr als Koordinator.
Beteiligt ist das Team um Wolfgang Schildorfer und Matthias Neubauer auch an weiteren europäischen Projekten. An ESRIUM (Egnss-enabled smart road infrastructure usage and maintenance for increased energy efficiency and safety on european road networks) beispielsweise, das Teil des „EU-Horizon“-Programmes ist. Mittels Sensoren wird hier die Straßenoberfläche untersucht, um Risse, Spurrinnen, Schlaglöcher und andere Unebenheiten auf den Autobahnen und Schnellstraßen zu erfassen. Daraus wird eine detailgetreue Straßenabnutzungskarte inklusive Straßenbeeinträchtigungen und Risiken erstellt. Diese Informationen werden an die Fahrzeuge übermittelt. Spurvariationsempfehlungen oder Positionskorrekturdaten sollen einerseits die Sanierungsmaßnahmen bei der ASFINAG reduzieren, als auch die Verkehrssicherheit erhöhen.
„Bei allen Projekten übernehmen wir die Anforderungsanalyse aus Sicht der Logistik im Themenbereich 'Automatisiertes Fahren'. Wir binden die Logistik-Dienstleister in die Testphasen ein, evaluieren die Ergebnisse für sie und die ASFINAG, entwickeln daraus Geschäftsmodelle und bringen die Erkenntnisse zurück zu den Betrieben, in die Fachcommunity mittels Konferenzen und die Studierenden in unseren Lehrveranstaltungen“, erläutert Schildorfer.
Das gilt auch für das EU-Projekt AWARD, das automatisierte Transportsysteme für alle Wetterbedingungen entwickelt, und das DigiTrans-Testfeld Nord. Es hat unter anderen C-ITS Tests auf Autobahn und Stadt zum Ziel und soll Day1 und Day2 Use Cases testen. „Somit konnte die Fortführung von DigiTrans durch Connecting Austria unterstützt werden.“
Im zweiten Quartal 2021 wird ein entsprechendes Kompendium zum Thema „Energy-Efficient and Semi-Automated Truck Platooning - Research and Evaluation“ mit 16 Kapiteln zu diesem Forschungsprojekt im Wissenschaftsverlag Springer erscheinen.
Fact Box „Connecting Austria“
Das Projekt „Connecting Austria“ wurde vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kofinanziert und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft“ administriert.