Wie wichtig ist die digitale Vernetzung von Anlagen?

DI Hubert Pesendorfer, Geschäftsführer der Promot Automation GmbH. © Promot
DI Hubert Pesendorfer, Geschäftsführer der Promot Automation GmbH. © Promot

24.03.2020

Im Gespräch mit dem Automobil-Cluster verriet DI Hubert Pesendorfer, Geschäftsführer der seit 40 Jahren im Anlagenbau tätigen Promot Automation GmbH, wie weit die Digitalisierung im Anlagenbau schon fortgeschritten ist.

Ihr Unternehmen beschäftigt sich seit 1980 mit der Automation von Produktionsanlagen. Wie haben sich die Kundenanforderungen verändert? Welchen Stellenwert hat die digitale Vernetzung der Maschinen für Ihre Kunden?
In den vergangenen 20 Jahren sind die Anlagen in der Automobilindustrie deutlich komplizierter geworden. Um die Stückkosten zu senken, wurden immer mehr Stationen und Funktionen in die Roboterzelle integriert. Parallel dazu haben die Kunden die Anlagen in ihr digitales Ökosystem wie Leitrechner, MDE, Qualitätsdaten eingebettet. Für die Betreiber der Anlagen ist dies ein Muss, wenn es um die Verbesserung von Nachverfolgbarkeit und Qualität geht. Die digitale Vernetzung der Anlagen ist auch notwendig, um die Logistikabläufe bei steigenden Varianten und sinkenden Losgrößen zu beherrschen.


Die Entkopplung von Mann und Maschine bringt eine Steigerung der Produktivität. Wo sehen Sie in Zukunft die Rolle des Menschen als Arbeitskraft in modernen Produktionsbetrieben?
Wir sehen Automatisierung als einen normalen evolutionären Prozess. Wertfrei, also nicht in Kategorien wie gut, schlecht, bedrohlich, standortsichernd. So wie in der Vergangenheit wird der Mensch auch in Zukunft das tun, was er besser und billiger kann als die Maschinen. Das wird natürlich weniger, was ja auch eine Voraussetzung dafür ist, dass die Wertschöpfung in Europa bleiben kann und gute Löhne bezahlt werden können.


Bestimmt ist die Automobilindustrie ein Vorreiter für Roboterarbeit. Kollaborierende Roboter (Cobots) arbeiten nicht nur mit Menschen gut zusammen, sondern auch mit anderen Robotern. Welche Tendenzen erwarten Sie für die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine in den nächsten Jahren?
Durch einfachere, intuitive Bedienkonzepte ohne Programmierung wird der Roboter zum nützlichen Helfer und daher von den Menschen ins (Arbeits-)Leben integriert. Dort, wo der Roboter ein unaufdringlicher Helfer ist, dessen Nutzen die Mühen überwiegt, wird er von mehr und mehr Menschen ins Leben integriert - ähnlich wie beim Smartphone. Entscheidend werden die User Experience und das User Interface sein. Was nützlich ist, wird auch verwendet. Wir erwarten, dass dieser Wandel in manchen KMU schneller umgesetzt wird als in der Automobilindustrie.


Die Roboterindustrie sieht trotz der schwächelnden Automobilindustrie stabilen Zeiten entgegen. Wie wichtig ist es für ein Unternehmen wie Promot, sich auf Zukunftsthemen in unterschiedlichen Branchen zu konzentrieren?
Das ist natürlich ganz wichtig. Automatisierung und Robotik ist für viele Branchen ein Thema. Promot hat sehr viel Robotik- und Automatisierungs-Know-how aufgebaut, das auch in anderen Branchen angewendet werden kann. Vom Transfer profitieren beide Seiten.


Präzision, Flexibilität und Agilität der neuen Robotergenerationen sind wichtige Eigenschaften, die die Produkte und die Arbeitsgänge sicherer machen. Werden durch den Einsatz von Robotern in Zukunft auch bessere Endprodukte entstehen?
Ja, durch Roboter und den Einsatz anderer Technologien werden die Produkte qualitativ besser, individueller, schneller lieferbar, kostengünstiger. Dabei ist es selten der Roboter alleine, der das bewirkt. Meist ist es das Zusammenspiel der Prozesse, der Datenflüsse, der Arbeitsvorbereitung, der Qualitätssicherung und der Anlagen. Bei gut entwickelten Prozessen produziert ein Roboter Produkte mit konstant hoher Qualität kontinuierlicher und stabiler.


Wie haben sich die Anteile von Maschinenbau und Software während der letzten Jahre in der Automation verschoben?
Das Verhältnis hat sich massiv in Richtung Software verschoben. Sowohl vom reinen Stundenbedarf als auch von der Bedeutung für das Endprodukt. Es ist auch zu beobachten, dass die klassischen Entwicklungsdisziplinen Mechanik und Elektrik immer noch von einzelnen Kollegen ganzheitlich beherrscht werden können. Das ist bei der Software schon jetzt nicht mehr der Fall. Die einzelnen Programmiersprachen und Steuerungen, die Eigenheiten der einzelnen Roboter- und Kamerahersteller, Safety und Protokolle – all das braucht jetzt schon mehrere unterschiedliche Programmierkompetenzen. Dieser Trend fordert die Maschinenbauer sehr.


Wie lange wird es Ihrer Erfahrung nach dauern, bis die erste Fabrik in Betrieb geht, in der nur noch Roboter und Maschinen arbeiten?
Solche Fabriken gibt es in manchen Branchen für manche Produkte schon - vielleicht noch nicht bei der Montage von Automobilen. Es ist eine Frage der Prozessstabilität, der Produktvarianz und der Anlagenpreise. Mit den heutigen Rahmenbedingungen wie Löhnen, Facharbeiterverfügbarkeit und aktuellen Technologien ist sicher, dass sich der Anteil der Roboter und Maschinen kontinuierlich erhöht.